Fluchtpunkte

Ich habe vor vielen Jahren im Fliegenfischen einen Artikel gelesen, der mir trotz seiner unscheinbaren Inhalte bis heute in Erinnerung geblieben beziehungsweise sogar stärker ins Bewusstsein gerückt ist. Dieser Artikel hatte ebenso den Titel „Fluchtpunkte“ und handelte von drei Gewässern, die Hans Steinfort offenbar öfter aufsuchen konnte und die nicht zwingend für kapitale Fänge standen, sondern die Möglichkeit boten, sich ohne großen – vor allem zeitlichen – Aufwand der Schönheit des Fliegenfischens hingeben zu können; dem Alltag ein paar Stunden zu entkommen. Weil das Berufsleben jeden doch mit den Jahren immer mehr einnimmt und die Zeit daher knapper wird, ist mir dieser Artikel über die Jahre hinweg eigentlich immer wieder eingefallen und hat für mich eine größere Bedeutung erhalten…

Zum Glück habe ich auch meine Fluchtpunkte gefunden. Es bietet sich mir die tolle Möglichkeit, in einer Distanz von einer halben Autostunde von meinem Wohnort kleine Rückzugsgebiete zu haben. Eines möchte ich heute kurz mit ein paar Worten und ein paar Bildern vorstellen.

Es ist sehr oft so, dass heute Gewässer aufgrund der Möglichkeit, kapitale Fänge zu machen, beworben werden oder einen guten Ruf genießen. Ein solches Gewässer ist mein Fluchtpunkt nicht, auch wenn es einen bekannten Namen trägt. Es handelt sich um ein Stück der Traun, das von meinem Wohnort schnell erreichbar ist und zum Glück immer noch frei fließt. Ich fange hier leider in der Regel die Besatzfische, die von meinem Verein eingebracht werden und die oft viel zu deutlich als eben solche zu erkennen sind.

Trotzdem hat man an einem schönen Sommerabend bei einem Abendsprung immer die Möglichkeit einen der großen Wildfische oder eine überwinterte Besatzforelle, die es dennoch im Wasser gibt, an den Haken zu bekommen. Man kann im Herbst auch eine traumhafte Äschenfischerei erleben, wenn der schwarze Vogel ein paar davon übrig gelassen hat. Man wird auch relativ viele Tage erleben, an denen man keinen einzigen Fisch fangen kann, weil der Bestand für das mächtige Gewässer zu dünn ist und die Traun manchmal einfach ihre Launen hat. Drillorgien braucht man sich ohnehin nie zu erwarten.

Umso mehr freut man sich, wenn man einen guten Tag erlebt. Umso begeisterter ist man, wenn man an einem solchen Revier auch einmal, alle paar Jahre, einen wirklich außergewöhnlichen Fang machen kann. Wenn man einen Schlupf erstmals „gelöst“ und die richtige Fliege gefunden hat, die dabei passt. Wenn man es einfach nach einem harten Arbeitstag im Sommer noch ans Wasser schafft und die Seele für ein oder zwei Stunden – am besten gemeinsam mit einem Freund – baumeln lassen kann.