5 vor 12 für die oberösterreichischen Fischbestände!

Trotz mancher vielversprechender Bemühungen  und Projekte zur Förderung der Fischbestände geht es an den meisten oberösterreichischen Gewässern massiv bergab mit natürlich reproduzierenden Beständen unserer heimischen Fischarten.

Als begeisterter Fischer hat man es derzeit in Oberösterreich nicht leicht, noch Reviere zu finden, an denen es möglich ist, wild gewachsene Fische zu fangen. Vor allem unsere einst in ganz Europa berühmten Salmonidengewässer wie die Traun, die Enns oder die Steyr haben in den letzten 15 bis 20 Jahren ihren einstigen Fischreichtum eingebüßt. An vielen Fischerstammtischen unseres Landes werden Erklärungen für diesen Einbruch der heimischen Fischbestände gesucht. Meist wird sehr schnell ein Grund für den Rückgang der Fischbiomasse in unseren Fließgewässern gefunden und die angedachten Lösungen sind nicht immer völlig gesellschaftlich akzeptiert.

Eines ist allerdings klar und mittlerweile auch zweifelsfrei mehrfach wissenschaftlich dokumentiert: Unsere Fischbestände stehen teilweise am Rande des Zusammenbruchs, das heißt an der Grenze, sich noch aus der Population selbst erhalten zu können. Die Gründe dafür sind mannigfaltig:

  • Zerstörung des Lebensraums durch flussbauliche Maßnahmen und neue Querbauwerke (strömungsliebende Arten verlieren den Lebensraum und notwendige Fischwanderungen werden unterbunden)
  • Betrieb dieser Querbauwerke mittels Sunk und Schwall
  • Zunahme der Bestände fischfressender Prädatoren (Kormoran, Gänsesäger, Reiher, Fischotter, Möwen, …)
  • Falsche Bewirtschaftung der Gewässer durch die Fischereiberechtigten (Besatz ungeeigneter Arten, Stämme oder Größen)
  • Fischkrankheiten (schwarze Forellen, PKD)
  • Erwärmung der Gewässer (ob durch die Klimaerwärmung, Stauhaltungen, thermische Einleitungen etc. bleibt in diesem Zusammenhang dahingestellt)

Da die Energieversorgung ein gesamtgesellschaftliches Interesse darstellt und damit die weitere Nutzung der bestehenden Wasserkraftanlagen wohl nicht aufgehalten werden kann, kann in diesem Punkt – vor allem hinsichtlich bestehender Beeinträchtigungen – keine Verbesserung erwartet werden. Es bleibt aber nachhaltig darauf hinzuweisen, dass auch eine naturnahe und unverbaute Gewässerstrecke einen unwiederbringlichen Wert darstellt, der mittlerweile ein knappes Gut geworden ist (Ausbaugrad der Oö. Flüsse liegt bei 80-90%). Diese letzten unbeeinflussten Fluß- und Fließstrecken auf dem Altar der nicht zu erreichenden Strom-Autarkie zu opfern, muss ehrlich und genau hinterfragt werden.

Auch die Wassertemperatur der Gewässer und die Arbeitsweise der E-Industrie kann nur sehr eingeschränkt beeinflusst werden, da technische Gegebenheiten hier die maßgebenden Parameter sind. Auch wenn die Wasserrahmenrichtlinie in diesem Bereich Verbesserungen bringen wird, werden die Beeinträchtigungen nur zu einem mehr oder minder geringen Teil auszugleichen sein.

Die Fischerei, Funktionäre und Bewirtschafter, aber auch der einzelne Angler, haben begonnen, einen Umdenkprozess einzuleiten und nicht mehr kurzfristig fangsteigernden Besatz zu fördern und zu fordern, sondern setzen auf habitatverbessernde Maßnahmen und versuchen die Fehler der Vergangenheit durch Förderung heimischer Fischarten und Stämme zu kompensieren. Es muss in diesem Zusammenhang eingeräumt werden, dass die Gewässerbewirtschafter in der Vergangenheit bedauerliche Fehler gemacht haben und dass diesbezüglich noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten bleibt. Es handelte sich aber vielerorts um verzweifelte Versuche, dem Niedergang der einstmals hervorragenden Fischbestände entgegenzuwirken.

Es darf auch nicht verschwiegen werden, dass sich in vielen der genannten Bereiche eine Verbesserung der (rechtlichen) Rahmenbedingungen ergeben hat und dass eine neue Bewertung der fischereilichen Anliegen durch Behörden und Energieversorger stattfindet, aber die Frage bleibt: An welchen Schrauben kann noch wirksam gedreht werden, um die schlimmsten Folgen abzuwehren?

Zuletzt sei daher auf jenen Punkt hingewiesen, an dem am einfachsten eine nachhaltige Verbesserung der Situation der oberösterreichischen Fischbestände bewirkt werden könnte. Es sollte ein modernes und nachhaltiges Wildtiermanagement eingeführt werden, das nicht eine einseitige Betrachtungsweise der vorliegenden Situation zur Grundlage hat. Es muss Anliegen aller, die für die Erhaltung unserer natürlichen Ressourcen und Lebensräume eintreten, sein, die Biodiversität unserer Lebensräume – wenn nötig auch durch jagdliche Maßnahmen – zu erhalten. Derzeit bedrohen mehrere fischfressende Tierarten alle Arten und Alterstadien der heimischen Fische. Gänsesäger greifen in die Jugendklassen ein, der Kormoran bevorzugt hauptsächlich Fische in Größen um 30cm und der Fischotter frisst auch die größeren Laichfische. Bei Befischungen an der Traun wurde festgestellt, dass bis zu 25% der Fische Verletzungen aufweisen, die vom Kormoran herrühren.

Auch wenn es anders als im Jagdrecht nicht ausdrücklich Eingang in das Gesetz gefunden hat, ist die Fischerei ein Teil unserer Landeskultur und auch ein nicht zu unterschätzender wirtschaftlicher Faktor (Tourismus). Im jetzigen Zustand ist aufgrund der Summe der vorgenannten Beeinträchtigungen aber eine nachhaltige Fischereiausübung in weiten Teilen des Landes nicht mehr möglich. In diesem Zusammenhang wird es eines klaren Bekenntnisses der Politik bedürfen, die Fischerei auch in Zukunft noch in einer Weise zu ermöglichen, die sich nicht darin erschöpft, im Frühjahr besetzte, fangfähige Regenbogenforellen aus den Gewässern zu holen (das hat mit Fischerei nur bedingt zu tun), sondern den verbliebenen Beständen die Möglichkeit einer Erholung zu geben, indem ein wirksamer Schutz vor Prädatoren gewährleistet ist. Im Sinne unserer tatsächlich dramatisch bedrohten Fischbestände wird es daher nicht mehr reichen, kosmetische Maßnahmen zu setzen, sondern eine wirksame Bejagung von fischfressenden Tieren zu ermöglichen. Auch wenn der Fischerei immer wieder vorgeworfen wird, in diesem Punkt zu übertreiben, ist diesem Standpunkt entgegenzuhalten, dass dieses Problem unter anderem im Auftrag des Landes durch unabhängige Institute (Universität für Bodenkultur Wien) mittlerweile mehrfach festgestellt wurde und vor allem im Zusammenhang mit der dramatischen Bestandssituation nicht unterschätzt werden darf.

Darüber hinaus muss der Weg von nachhaltigen, umfassenden Revitalisierungsmaßnahmen an unseren Gewässern weiter gegangen und verstärkt werden. Im Vergleich zu anderen Bundesländern (Life Projekte in Niederösterreich) werden in Oberösterreich dramatisch wenige und oft nur kleine Projekte verwirklicht. Dass auch solche Maßnahmen nicht alleine Fischen und Fischern zu Gute kommen, sondern für alle Mitbürger einen Gewinn an Lebensqualität bedeuten, zeigt das Beispiel der naturnahen Renaturierung der Isar im Stadtgebiet von München. Die Bevölkerung hat dort die neu geschaffenen Schotterbänke der Isar sofort als Naherholungsraum angenommen. Es handelt sich dabei aber um Maßnahmen, die von der Fischerei nicht finanziert werden können.

Abschließend bleibt noch einmal festzuhalten, dass die Uhr tatsächlich bereits 5 vor 12 für unsere heimischen, autochthonen Fischarten zeigt und es an der Zeit ist rasch zu handeln!

Mag. Hans Peherstorfer

P.S.: Ein Artikel, den keine Zeitung in Oö. bringen wollte!