Beisse nie die Hand, die dich füttert…

Eine Replik zu „Pazifik Philosophen – M. Freese und S. Gian Dombaj machen sich Gedanken“ (Scale-Magazine 2017-03, 226)

Wenn sich ein Meeresbiologe und einer der angeblich international bekanntesten Fliegenfischer und Angelfotografen Gedanken zum Thema „Destination Angling“ machen und auf den ersten Blick zu kontroversen Ergebnissen kommen, dann ist das vorerst eine bemerkenswerte Tatsache.

Am Ende war es aber wenig überraschend, was dabei heraus gekommen ist, wenn man über den Text ein bisschen nachdenkt. Eine letztlich relativ einseitige und ziemlich selbstgefällige Betrachtung darüber, was denn nun die moderne Fischerei-Reiseszene ausmachen würde. Am Ende steht eine oberflächliche Selbstreflexion, die doch letztlich nur eine Werbemaßnahme für das Projekt der eigenen Selbstvermarktung oder die Befriedigung narzisstischer Bedürfnisse ist. Aber was soll ein Artikel in einem Fischereimagazin wie „Scale“ denn sonst sein, frage ich? Zur Klarstellung darf ich festhalten, dass ich in der selben Ausgabe des Scale einen Artikel veröffentlicht habe…

Ich höre bereits den Einwand, dass es nur der Neid ist, der aus meinen Zeilen trieft und dass dieser Neid die Motivation ist, diese Zeilen zu verfassen. Ich räume ein, dass ich lügen würde, wenn ich behaupten würde, dass ich nicht auch mit einer gewissen Portion Neid derartigeArtikel mit ihren großartigen Fotos lesen würde – wissend, dass ich vermutlich die meisten dieser Traumdestinationen nie befischen werde. Die Motivation, diese Zeilen zu schreiben, ist aber eine andere.

Was soll hier eigentlich kritisch beleuchtet werden? Der Konsum als Übel an sich? Das überbordende Informationsangebot? Die Inflation von Bildern großer Fische im Netz? Die kapitalistische Ausbeutung der letzten unberührten Ressourcen in unseren Meeren, Seen und Flüssen?

Ich finde es aber ehrlicher, dazu zu stehen und völlig in Ordnung, dass es Anbieter gibt, die uns heutzutage derartige Destinationen auch in allem Komfort ermöglichen. Auch hier haben die Autoren recht, dass das ohne die Expeditionen von Pionieren im Vorfeld überhaupt nicht möglich wäre. Ich lese Berichte über ferne Destinationen mit großer Freude und eben jener kleinen Portion Neid jenen gegenüber, die diese Erfahrungen als erste machen dürfen. Die Fotos der Autoren sind wunderbar – mir dagegen fehlen Ruhe und handwerkliches Können, diese Qualität auch nur ansatzweise zu „matchen“. Ich gönne den Autoren ihre Bekanntheit und ihren gekonnten, durchgestylten Auftritt im Netz. Ich gönne ihnen jeden Vorteil, den sie sich redlich durch handwerklich und vielleicht auch künstlerisch (das entzieht sich meiner Beurteilung) eindrucksvolle Arbeit verdienen. Sie sind auch sicher großartige Fischer. Ich finde aber, dass man am Ende des Tages dazu stehen sollte, was man selbst macht und warum das in dieser Weise überhaupt möglich ist.

Ich kann einfach nicht nachvollziehen, wenn Autoren, die ihre Bekanntheit und sicher auch andere Benefits aus diesem „System“ ziehen, sich auch noch – zumindest implizit – selbstgefällig darüber lustig machen, dass nach ihnen Fischer kommen, die sich (als zahlende Gäste) dieser Vorleistungen bedienen und sich beispielsweise guiden lassen – sich „ins gemachte Nest setzen“, wie sie es nennen. Wahrscheinlich tun diese Fischer das, weil ihnen für die Expedition auf eigene Faust schlichtweg – aus verschiedensten Gründen – die Zeit fehlt. Und ja, diese Menschen haben teilweise auch erhebliche finanzielle Mittel dafür eingesetzt und tragen vielleicht eine teure Uhr. Wer neben Familie und Job eine Woche Fischereiurlaub im Jahr machen kann, wird wohl Expedition Fishingnur aus solchen Artikeln kennen lernen. Dieser Artikel und die darin zum Ausdruck gebrachte Haltung sind meines Erachtens Snobismus der besonderen Art gegenüber jenen, die als „paying audience“ derartiges überhaupt ermöglichen – als Käufer der diversesten Produkte und Konsumenten von einschlägigen Medien oder Reiseangeboten.

Es stört mich – auch wenn man dann pro forma die 45er Rotgetupfte aus dem Bach hinter dem Haus lobt -, dass diese Kritik letztlich ins Gegenteil verkehrt wird, indem man – wenn auch zu Recht – in erheblichem Ausmaß von diesen kritisierten Verhältnissen profitiert. Es ist einfach verlogen! Es ist doch nicht nachvollziehbar, was dieser Artikel uns überhaupt sagen will. Sollten wir alle einfach nicht mehr publizieren? Der Gentleman genießt und schweigt, heisst es doch? Ich meine, dass es ehrlicher wäre, einfach dazu zu stehen, dass wir hier auch dem eigenen Narzissmus und Voyeurismus fröhnen!

Die vorgetragene Kritik wird wohl teilweise zutreffen – authentisch ist sie aber nicht.

Ich bin mir sicher, dass es wahrscheinlich besser gewesen wäre, wenn das (Fliegen-)Fischen nicht zu so etwas wie einer Trendsportart „verkommen“ wäre. Ändern können wir das aber nicht wirklich. Darum jammern wir bitte nicht heuchlerisch darüber, solange wir alle gerne unsere Bilder und Stories veröffentlicht sehen und auch gerne im Scale-Magazine blättern, um – mit einem Schuss Neid – die Bilder großer Fische anderer aus fernen Ländern zu sehen.

Ein Wort zum Abschluss noch: Seien wir doch ehrlich, über das kleine Juwel hinter dem Haus oder den Geheimtipp um die Ecke schreiben doch ohnehin nur mehr die Wenigsten…